Bilder und Geschichten

Wegekreuz Thanndorf

Das Wegkreuz am Kirchenberg in Thanndorf

Am Fuße des Thanndorfer Kirchenberges steht ein sauber restauriertes Wegkreuz, an dem Tag für Tag viele Menschen achtlos vorbeihetzen, ohne zu wissen, wie dieses hölzerne Kreuz an seinen Standort gekommen ist. Im Jahr 1894 herrschte in Thanndorf eine riesengroße Freude, denn endlich war vom bischöflichen Ordinariat in Passau die langersehnte Nachricht bekanntgegeben worden. In zwei Jahren wird Thanndorf eine selbständige Pfarrei!

Thanndorf war nämlich mehrere Jahrhunderte lang nur Außenstelle der Pfarrei Mariakirchen, und meistens mussten die Thanndorfer nach Mariakirchen zum Gottesdienst gehen. An die Ernennung zur Pfarrei war allerdings eine Bedingung geknüpft: Die Thanndorfer mussten einen Pfarrhof bauen. Nur zu gerne waren die Thanndorfer Bürger dazu bereit: Jeder würde mitarbeiten, jeder würde spenden!

Aber welcher Standort sollte für den Pfarrhof ausgewählt werden? Viele Vorschläge wurden beraten und wieder verworfen, bis einer der Bürger die rettende Idee hatte: „Das soll doch der neue Pfarrer selber entscheiden, der muss ja auch schließlich drin wohnen!“.

Man tat Post nach Passau, und schon wenig später kam Pfarrer Franz Absmeier mit einer Pferdekutsche angefahren. Er schaute sich gründlich um, er verglich die angebotenen Grundstücke, und schließlich teilte er den Umstehenden mit: „Am besten gefällt mir die Wiese neben der Straße nach Unterradlsbach, dort, wo der Kirchenberg aufhört und die Ebene anfängt. Dahin soll mein Pfarrhof gebaut werden.“. Diese Wiese aber war ihm überhaupt nicht angeboten worden.

Himmel, ausgerechnet! Jeder, aber wirklich jeder andere Baugrund wäre günstiger gewesen, denn der alte „Moar“ von Thanndorf, der Bürgermeister des Ortes, dachte nicht einmal im Traum daran, diese schöne Wiese zu v erkaufen. Nicht, aber auch schon gar nicht ließ er mit sich reden. Weder gutes Zureden noch ein höheres Preisangebot konnte Bürgermeister Pichlmaier umstimmen.

Da rettete der alte „Kirchschneider“ Thalmaier die Situation. Er besaß ein schönes Grundstück auf halber Höhe des Kirchenberges, schräg gegenüber jener Wiese, die dem „Moar“ nicht feil war. Und der „Kirchschneider“ tat ein Übriges: Er schenkte der neu gegründeten Pfarrei den Baugrund für den Pfarrhof. Und dorthin wurde der Pfarrhof schließlich auch gebaut.

Aber was war jetzt das? Immer, wenn in der nächsten Zeit der „Moar“ mit seinem Pferdefuhrwerk an seiner schönen Wiese vorbeifahren wollte, da zogen die Gäule plötzlich nicht mehr: Er schimpfte, benützte gar die Pferdepeitsche, aber die Rösser blieben wie angewachsen stehen. Manchmal „stiegen sie gar auf“, das heißt sie standen nur noch auf ihren Hinterhänden, aber weitergehen wollten sie nicht. Nur mit viel Mühe gelang es dem Bauern den Kirchenberg mit seinem Pferdefuhrwerk zu überwinden.

Da gelobte der Bauer in seiner Not die Errichtung eines Wegkreuzes, denn dass da nicht alles mit rechten Dingen zugehen konnte, da hatte der fromme Mann schnell erkannt.

Er stellt das Kreuz auf, und seit der Zeit hatte er nie mehr Schwierigkeiten, mit seinen Gäulen den Kirchenberg hinaufzukommen. Im Jahre 1896 wurde Thanndorf dann endlich zur Pfarrei ernannt. Das Wegkreuz am Kirchenberg erinnert aber heute noch an jene Begebenheit.

Hinweis: Das Wegkreuz wurde öfters Richtung Süden versetzt. Nachdem Pichlmaier das Grundstück, wo das Kreuz stand, an Familie Sager verkauft hatte, pflegten diese das Kreuz bis zu ihrem Tode, aktuell (2023) pflegt die Grundstücksbesitzerfamilie Thalmeier das Wegkreuz.