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Geschichte von Thanndorf - Historisches Rossbach

 

Die Geschichte von Thanndorf

Der bekannte verstorbene Schullehrer Franz Brandl schrieb 1987 über die Geschichte Thanndorf in dem Buch „20 Jahre Sparkasse Thanndorf“. Dieser Artikel wurde größtenteils in diesem Dokument übernommen.

In grauer Vorzeit war das schmale Tal des Radelsbaches, in dem Thanndorf liegt, wohl noch nicht besiedelt. Es gibt weder Funde aus der Steinzeit noch aus der Bronzezeit, und weder Hügelgräber noch Keltenschanzen wurden bisher bei uns entdeckt. In St. Georgen bei Dietersburg aber, also in allernächster Umgebung, wurden Überreste einer steinzeitlichen Siedlung gefunden. Grabhügelfunde bei Pörndorf sowie in Wiedmais bei Mitterhausen beweisen andrerseits die frühe Besiedlung unseres Raumes. Die Funde bei der Vierecksschanze in St. Georgen stammen von einem Siedlungsplatz aus der Jungsteinzeit, über dem ca. 2000 Jahre später die Vierecksschanze errichtet wurde. Diese Vierecksschanzen, mit denen wir es auch in Wiedmais zu tun haben, sind nach den Ergebnissen der neueren Forschung Anlagen kultischen Charakters. Früher hielt man sie entweder für Wehranlagen oder für befestigte Gutshöfe.

St. Georgen, Wiedmais und Pörndorf sind die Endpunkte eines Dreiecks, in dessen Mittelpunkt sich Thanndorf befindet. Wir dürfen annehmen, dass die Menschen jener Zeit in unserem wald- und wildreichen Gebiet auf die Jagd gingen.

Im Jahre 15 v. Chr. Eroberten die Römer Drusus und Tiberius unseren Raum. Es gelang ihnen, die Kelten zu unterwerfen, aber die Römerherrschaft wurde doch immer wieder von den verschiedenen Germanenstämmen angegriffen. Unser Radelsbachtal gehörte zur römischen Provinz Rätien mit dem Verwaltungssitz in Augsburg. Römerfunde sind in unserer Gegend äußerst selten, erst an der Donau treten sie gehäuft auf. Es existierte aber eine Römerstraße vom Inntal nach Künzing (Quintana), der genaue Verlauf ist jedoch bis heute unbekannt. Geschichtsforscher und Archäologen halten unser Gebiet um das Jahr 500 n. Chr. Für nahezu entvölkert. Mangelnde Bodenfunde scheinen das zu beweisen. Allerdings behaupten andere, ebenso ernstzunehmende Historiker, genau das Gegenteil. Die Einwanderung verschiedener germanischer Bevölkerungssplitter war nach Ansicht der modernen Forschung nicht mit Rodung verbunden, sondern die Einwanderer beschränkten sich auf Gebiete ohne Waldbewuchs. Somit stand anfangs nur wenig Land zur sofortigen Besiedlung zur Verfügung. Über die Landnahme der Bayern gibt es keinerlei schriftliche Quellen, zur Klärung dieser Frage muss man entweder archäologische Zeugnisse oder Ortsnamen heranziehen. Archäologische Zeugnisse wie z.B. Reihengräber findet man bei uns nicht. Bei den Ortsnamen werden üblicherweise jene mit der Endung „-ing“ als ältesten Siedlungen bezeichnet. Sie gehen immer auf einen Personennamen zurück:  Ulbering auf Othal, Mahlgassing auf Mahal usw. Eine große Anzahl dieser „-ing“-Orte kann aber mit Sicherheit als unecht angesehen werden. Ihnen kann z.B. eine Standesbezeichnung zugrunde liegen (siehe Oberpfaffing). Diese jüngeren „-ing“-Siedlungen erkennt man aber auch daran, dass sie heute noch meist Einöden oder Weiler sind, die man sich schlecht als Ausgangsbasis grundherrschaftlich organisierter Siedlungen vorstellen kann. Ein treffendes Beispiel für einen jungen „-ing“-Ort ist die Einöde Rudelfing.

Eine weitere Gruppe von Ortsnamen ist die Gruppe der „-bach“-Orte (z.B. Haselbach, Oberbubach, Radelsbach). Ihre Gründungszeit geht zumindest zum Teil auf das 7. Und 8. Jahrhundert zurück, also in di Zeit von Karl dem Großen. Etwa von der Karolinger- bis zur Staufferzeit reichen die mit „-dorf“ zusammengesetzten Ortsnamen. Vielleicht gibt das einen Hinweis auf die Gründung des Ortes Thanndorf, die urkundlich gesehen völlig im Dunkel liegt. Dass in unserem Gebiet das Siedlungsland erst durch Rodung geschaffen werden musste, ist an den zahlreichen mit „ed“- zusammengesetzten Ortsnamen erkennbar. Sie gehören der letzten Rodungswelle zwischen dem 10. Und 12. Jahrhundert an (z.B. Albanöd, Ed, Kauschöd, Keföd, Kölblöd, Schlüßlöd, „Strohmayeröd“). Das gehäufte Auftreten von „-ed“-Orten weist diese als Gebiet der im genannten Zeitraum durchgeführten Kolonisation aus. Sie dürfte auf die Ausbautätigkeit des Hochstiftes Passau zurückgehen. Die Ortsnamen lassen erkennen, dass der größte Teil der Altgemeinde Thanndorf erst durch Rodung urbar gemacht werden musste. Interessant für die Siedlungsgeschichte unseres Gebietes ist dabei der Ortsname Windpaising. Die mittelhochdeutsche Schreibweise hieß „Wintpeizaere“. Das darin steckende Verb „peizaere“ übersetzt man etwa mit „schinden“. Der Ortsname bedeutet demnach „bei den Wenden-Schindern“. Die Wenden waren ein slavischer Volksstamm, wahrscheinlich sind damals slavische Kriegsgefangene zu Rodungsarbeiten „unter Beaufsichtigung“ herangezogen worden. Der geschichtliche Boden ist wohl in den Slavenkämpfen der bayerischen Herzöge Odilo und Tassilo aus dem Geschlechte der Agilolfinger zu sehen.

Noch ehe wir in den Urkunden auf den Namen Thanndorf stoßen, entdecken wir einen anderen somit wesentlich älteren Ort aus unserer Altgemeinde: „Voglpuehl“. Um das Jahr 1000 n. Chr. wurde – vermutlich durch Heinrich II- das Kloster Osterhofen gegründet. Im „Urbar“ (einem Schuld- und Abgabenbuch) gehört „Voglpuehl“ mit zur Gründungsausstattung des Klosters. Im hohen Mittelalter, so lässt sich aus dem Quellenmaterial ersehen, hatte das Hochstift Passau in unserem Bereich großen Güterbesitz, der sich in drei Bereiche einteilen lässt: Als erstes sind Güter im Rottal zu nennen, als zweites gehörte das Gebiet südöstlich von Postmünster dazu. Der dritte hochstiftliche Besitzkomplex befindet sich in unserem Bereich.

Das Hochstift Passau bezog Einkünfte aus Gütern in

„Chopfmul“ (Kumpfmühle)

„Rewtelspach“ (Ober- und Unterradelsbach)

„Munichofen“ (Minihof)

„Oed und Grueb“ (Ed und Grub)

„Stainechirchen“ (Steinerskirchen)

„Chunhersperg“ (Kennersberg)

„Thann“ (Siglthann)

Im Jahre 1223 wird Thanndorf das erste Mal urkundlich erwähnt, der Ort ist somit älter als dass 750-jährige Berlin! Woher der Name „Thanndorf“ allerdings stammt, ist bis heute noch nicht geklärt. Fest steht nur, dass er nichts mit Tannenbäumen zu tun hat, denn in der damaligen Zeit schrieb man entweder „Donndorf“ oder „Dandof“. Die heutige Schreiweise taucht erstmals im 19. Jahrhundert auf.

Ein Ulrich sowie ein Heinrich von Thanndorf und auch noch andere Familienmitglieder unterschrieben eine Urkunde des Klosters St. Nikola in Passau. Bezirksarzt Dr. Michael Wulzinger von Eggenfelden, der um 1840 Arzt in Arnstorf war, berichtet in seinem Buch „Beschreibung des Bezirksamtes Eggenfelden§ folgendes über ein „vormaliges Thanndorfer Schloss“:

„Fünfeinhalb Stunden nördlich von Eggenfelden, im Bezirksamte Eggenfelden, im Landgerichte Arnstorf, Pfarrei St. Mariakirchen und Gemeinde Thanndorf, an dem Verbindungswege von Kudlhueb durch das Radelsbacher Thal nach Münchsdorf, liegt auf einer sanften Anhöhe dass Dorf Thanndorf mit 67 Einwohnern, 46 Gebäuden, 1 Kirche mit Sepultur (= Friedhof) und Schule. Das vormalige Schloss war in die Nähe der Kirche gebaut, welche ohne Zweifel früher eine Schlosskapelle gewesen ist. Dieser Ort hatte einst sein eigenes Edelgeschlecht, „de Tanndorf“ genannt. Die uralte Filialkirche Thanndorf, welche den hl. Bischof Martinus als Patron hat, feiet die Kirchweih am Sonntage vor Michaelis. Dieses Thanndorf, wie fast alle jetzt noch stehenden Gehöfte und Orte längs des stillen, melancholischen Radelsbacher Thalgrundes, sind bis in’s graueste Alterthum unseres altdeutschen Gemeindewesens historisch nachweisbar.“

Was aus dem Edelgeschlecht der „Tanndorfer“ geworden ist, das weiß heute niemand mehr. Im Jahre 1395 ließ Landgraf Sigost von Leuchtenberg ein Urbar anfertigen, aus dem hervorgeht, dass Thanndorf und Oberbubach den Herren von Haidenburg abgaben- und zehentpflichtig waren. 1752 gehörte Thanndorf zum Pfleggericht Reichenberg (Pfarrkirchen). Die Bauern in jener Zeit durften die Höfe nur bewirtschaften, dem Besitzer mussten alljährlich erhebliche Abgaben bezahlt werden:

3 Anwesen in Obergrafendorf gehörten dem Kloster Aldersbach, eins (Fend) den Grafen von Closen, eins dem Domkapitel in Passau, ein Hof in Thanndorf bezahlte an den Münchsdorfer Baron Mändl, der „Schusterhof“ in Thanndorf war kurfürstliches Lehen, ebenso ein Anwesen in Viehgassen. Der Hof in Stromeroed gehörte der Kirche Thanndorf. Dazu muss bemerkt werden, dass Thanndorf erst im Jahre 1896 eine Pfarrei wurde! Im Jahre 1597 übte Wolf Friedrich von Closen, der auf Haidenburg residierte, die Hofmarksgerechtigkeit (Gerichtsbarkeit) auch auf den „einschichtigen Gütern“ aus, ohne dass von Amts wegen Einsprüche gemeldet worden wären. Zu diesen einschichtigen Gütern zählten aus unserem Bereich „Purbach, Petzing, Keföd, Schlüsselöd, Voglpichel und Gschaid“. Das alte Pfleggericht Reichenberg war bereits 1799 aufgelöst worden. Der letzte Pflegskommissar Johann Josef Anton Freiherr von Gugler wurde bei der Auflösung Landrichter und damit Vorsitzender des Bezirksamtes im neuen Landgericht Pfarrkirchen. Am 1. Juli 1862 kam Thanndorf vom Landgericht Pfarrkirchen zum neugegründeten Landgericht Arnstorf (zusammen mit den umliegenden Orten Dummeldorf, Emmersdorf, Johanniskirchen, Kohlsdorf, Mariakirchen, Mitterhausen, Münchsdorf, Pörndorf, Roßbach und Untergrafendorf). Das Landgericht Arnstorf war dem Bezirksamt Eggenfelden unterstellt. „Im Jahre 1867“ so schreibt Pfarrer und Kammerer Alois Schiffl in seinem Büchlein “Beschreibung der Pfarrei St. Mariakirchen‘, „hatte die Gemeinde Thanndorf 449 Seelen und 72 Häuser. 1907 waren es bereits 560 Seelen.“

Ein Antrag der Gemeinden Johanniskirchen, Dummeldorf, Eggersdorf und Thanndorf zeigt, dass die genannten Gemeinden in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts aus dem Bezirksamt (= Landkreis) Eggenfelden ausscheiden wollten, um sich wieder in ihr früheres „Heimatbezirksamt“ Pfarrkirchen eingliedern zu lassen. Noch ehe die Regierung von Niederbayern eine Entscheidung getroffen hatte, zogen die Antragsteller am 15. Januar 1924    – aus welchen Gründen auch immer –   ihren Antrag zurück. Thanndorf war bis zum 1. Januar 1972 eine selbständige politische Gemeinde. Im Rahmen der Gemeinde – Gebietsreform wurde Thanndorf der Nachbargemeinde Münchsdorf zugeschlagen. Seit 1987 gehört die Altgemeinde Thanndorf zur neuen Großgemeinde Roßbach.

Quellenangabe: „Historischer Atlas von Bayern“   –  Teil Altbayern/ Pfarrkirchen

Dr. Michael Wulzinger   – „Beschreibung des Bezirksamts Eggenfelden“

Kammerer Alois Schiffl – „Beschreibung der Pfarrei St. Mariakirchen“

 

Beim Studium der Unterlagen für die „Geschichte von Thanndorf“ fiel mir das „Urbarium“ des Mariakirchener Pfarrers Preu auf. Pfarrer Preu hat in seinem Schuld- und Abgabenbuch alle Orte und Höfe der ehemaligen Pfarrei St. Mariakirchen aufgeschrieben und genauestens festgehalten, was jeder Hof jährlich abzuliefern hatte. Ich habe diese Namen absichtlich nicht in die Ortschronik einfließen lassen, damit sie sich nicht im Gewirr so vieler Geschichtsdaten verlieren. Gespräche mit Thanndorfern haben gezeigt, dass kaum einer eine Vorstellung hat, wie alt sein Hausname schon ist: Das Urbarium stammt aus dem Jahre 1519, die genannten Höfe sind also älter als 500 Jahre!

Donndarff: Mayer daselbst, …, Hueber,…, …., Orthuber, Falterer, …., Kumpfmüller

Mynichhoff: Orthueber, …., Sygl

Strohmayer

Schlüsselöder

Albaneder

Gschaidmayer

Hasel Pöckh

Pötzinger

Keffeder

Vogl Püchler

Unnder Pfäffinger

Obern Pfäffinger

Kauschöder

Poppenwydmer

Steineskirchner

Kinnes Perger

Kölblöder

Rudelfinger

Alle mitsammen hatten zu geben 196 Laib. „Ain yeglicher soll dem Pfarrer, die Laib geben, wie er in sein hauß über das Jar pachen Lest, nit größer oder kleiner, nit bößer und nit Schlechter. (Urbarium S 33 -39)